Das Glück als Staatsziel, das Glück auf dem Fahrradsattel
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in Bumthang |
Zurück nach Westen und ins Haa-Tal |
Jetzt ist erstmal Abschiednehmen von der Region Zentral-Bhutans angesagt. Ich fahre mit dem öffentlichen Bus zurück nach Thimphu. Am nächsten Tag werde ich mit dem Auto nach Chhuzom gebracht. Ab hier radle ich meine letzte Etappe der diesjährigen Fahrradtour. Ich möchte noch in den Distrikt Haa. Zu Anfangs geht es in vielen Kurven steil den Hang hoch, von 2093 Meter (Chhuzom) hinauf auf 2567 Meter bis zum Knick ins Haa-Tal. Ich komme durch Kiefern- und Eichenwälder, sehe sehr viele terrassierte Felder und einzelne Bauernhäuser. Nach 75 Kilometern seit Chhuzom erreiche ich die Brücke über den Haa Chhu und die große Garnisonsstadt der indisch-bhutanischen Armee. Ich besuche kurz den alten Dzong von Haa, der mit außergewöhnlich viel blauer Farbe gestrichen ist und komme im letzten Dämmerlicht im Hotel an. Ich freue mich nur noch auf ein weiches Bett. Heute darf das Fahrrad wieder mit im Zimmer schlafen.
Es geht von Haa auf etwa 2610 Metern hinauf auf den höchsten Straßenpass
des Landes, den Chele La auf 3805 Meter Höhe – und das innerhalb von nur
26 Kilometern. Im Haa-Tal war es herbstlich mild und angenehm zu radeln.
Fünf Stunden später und 1200 Meter höher ist die gesamte Vegetation und
Landschaft mit einer dicken Eis- und Raureifschicht überzogen. Die Wolken
hängen knapp über der Passhöhe und es ist deutlich zu erkennen, dass das
Steigungswolken sind, die sich hinter dem Bergkamm wieder auflösen. So schimmern
oben am Pass auch immer wieder kleine blaue Himmelsfetzen durch und ab und
an blinzelt die Sonne heraus. Ich genieße die Ruhe und Einsamkeit zwischen
den tausenden mit Raureif bedeckten Gebetsfähnchen. Ein aufgestellter Betonsockel
gibt mit 3900 Metern eindeutig eine falsche Höhenangabe an. Ein Moped-Fahrer
kommt von Paro den Berg hoch. Er hat steif gefrorene Finger und macht auch
eine Pause auf dem Pass, bevor es bei der Abfahrt wieder richtig kalt an
den ungeschützten Händen wird. Ich schenke ihm aus meiner Thermoskanne heißen
Tee und versorge ihn mit Nüssen und Keksen. Dann mache ich mich selber an
die 38 Kilometer lange Abfahrt nach Bondey. Dieses Mal hab ich Lust zu einer
Schussfahrt, halte nur selten für Fotos an und bin schon nach einer Stunde
und 20 Minuten im Tal. Wie besoffen vom Geschwindigkeitsrausch halte ich
an der Brücke über den Paro Chhu. Bis zum späten Nachmittag bin ich wieder
in dem von mir schon wertgeschätzten Hotel Tiger’s Nest bei Paro. Ich dusche
den Dreck der letzten Radeltage ab und freue mich auf die leckeren vegetarischen
Gerichte am Abendbüffet.
Morgen fliege ich wieder nach Deutschland. Mein Fahrrad und den Großteil
der Ausrüstung lasse ich bis zum März hier im Hotel. Dann soll die Radreise
fortgesetzt werden.
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Resümee
Bhutan ist ein Land mit sehr viel Wildnis, und doch war es eine Radtour durch eine äußerst kultivierte Landschaft, Lebensweise und Landesgeschichte.
Die tiefen Spuren, die der Buddhismus in diesem Land hinterlassen hat und die sich in alle Bereiche des Alltags und des spirituellen Lebens der Menschen festgesetzt haben, machen eine der ganz großen Faszinationen des Landes aus.
Die große Verehrung, die den beiden Königen zuteil wird und besonders die hoch gelobte weitsichtige Politik des vierten Königs halten das kleine Land nicht nur zusammen, sondern haben einen besondern Nationalstolz entstehen lassen.
Bhutan ist sicherlich nicht das Paradies oder das Shangri La, wo alle Menschen in glücklicher Harmonie miteinander und mit der belebten Natur im Einklang leben. Aber bei all den Ländern, die ich bisher bereist und intensiv betrachtet habe, kommt Bhutan diesem Ideal doch schon auf vielen Ebenen sehr nahe.