Luding

 
Hailuogou  

Als alternativen Abschluss für meine Radtour habe ich mir die Eisenkettenbrücke in Luding überlegt. Es ist eine gemütliche Tagesetappe von 60 km, und ich interessiere mich für die technischen Details der Kettenbrücke, die 1706 während der Qing-Dynastie errichtet wurde.

Ich folge nun also wieder auf der Straße 211 stromaufwärts dem Gyarong oder Dadu He. Die Straße ist recht viel befahren und auch ziemlich wellig. Entlang der Straße geht ein Dorf in das andere über, oft machen die Häuser einen runtergekommenen und schäbigen Eindruck, auch viel Müll. Kein Vergleich zu den hübschen tibetischen Dörfern, die ich am Anfang der Reise gesehen hatte. Die Maisfelder werden abgeerntet, die Maiskolben auf den Balkonen der Häuser gelagert. Oftmals sieht man an den Häusern auch kunstvoll zu Zöpfen aufgeflochtene Maiskolben hängen.

Am frühen Nachmittag erreiche ich Luding. Die Eisenkettenbrücke ist schnell gefunden. Die Spannweite der Brücke beträgt 100 m, sie ist 2.8 Meter breit. Die Brücke besteht insgesamt aus 13 Eisenketten, von denen eine jede 2,5 Tonnen wiegt, und die in riesigen Steinpfeilern verankert sind. Neun parallel von Ufer zu Ufer gezogene Ketten sind mit Holzplanken belegt, 2 Ketten auf jeder Seite dienen als Geländer. Trotz der eindrucksvollen technischen Daten bin ich irgendwie enttäscht, weil viele technische Details, wie die Verankerung der Ketten, oder die Querverstrebungen, unter den Holzplanken nicht zu sehen sind. Ich schiebe mein Rad auf die wacklige Brücke. Am Geländer anlehnen geht nicht wirklich, weil dieses auch nur aus lose mit den Bodenketten verbundenen Ketten besteht und flexibel ist. Für ein nettes Abschlussbild aber reicht es.

Die Kettenbrücke von Luding ist in China ein Propaganda-Kulturdenkmal (so steht es ausdrücklich auf den Eintrittskarten). Hier überquerten die Soldaten der Roten Armee auf dem Langen Marsch am 29.5.1935 den Dadu-Fluss um den Kuomintang-Truppen zu entkommen.

Der Lange Marsch ist der zentrale Heldenmythos der Kommunistischen Partei Chinas und war ein militärischer Rückzug der Roten Armee 1934/35, um sich aus der Einkreisung durch die Armee Chiang Kai-sheks zu befreien. In Wirklichkeit war es also eher eine lange Flucht... Beim Langen Marsch waren mehrere Abteilungen der Roten Armee auf dem Weg nach Westen und Norden. Während dieses Langen Marsches gelang es Mao Zedong, seine Macht innerhalb der Partei zu festigen und auszubauen.

Ich kaufe dann eine Busfahrkarte nach Chendgu und bin am nächsten Abend wieder in der Provinzhauptstadt und wenige Tage später wieder zuhause. Es ist dann auch schön, nicht mehr nur „Laowei“ (Ausländer) genannt zu werden…

Hailuogou