Einzigartiges Ökosystem

Der Baikalsee und seine umgebenden Landschaften beherbergen eine teilweise einzigartige Flora und Fauna. Von den etwa 1000 Pflanzen- und 1500 Tierarten ist ein hoher Anteil endemisch, das heißt, sie kommen nur hier vor. Selbst in 1600 Meter Seetiefe kommen noch speziell angepasste Lebewesen (Süsswasserschwämme und andere Tierarten) vor.

Reines Wasser

Das Wasser des Baikalsees ist extrem sauber. Die Blicke von einem Boot aus reichen bei keinem See der Welt so tief. Grund dafür ist die ständige Reinigungsarbeit der winzigen Flohkrebse. Bisher wurden von diesen Tierchen etwa 230 Arten im See gefunden. Die Krebse sind zwar winzig, machen aber 90% der lebenden Biomasse des Sees aus! Als Besonderheit gilt auch der Baikal-Epischura, der im Plankton mitschwimmt und die kleinsten Algen und Bakterien vertilgt. Dieser Krebs ist nur eineinhalb Millimeter groß, aber in einem Quadratkilometer Wasser leben hochgerechnet bis zu drei Millionen dieser Tierchen. Im Verlauf eines Jahres, zumindest in den Zeiten, wenn der See flüssig ist, sind diese Millionen an hungrigen Krebschen in der Lage, dreimal die oberste Fünfzig-Meter-Wasserschicht zu säubern, das sind ungefähr 83 Kubikkilometer pro Tag. Ein anderer kleiner Krebs, der Makrohektopus (russisch: Jur), vernichtet alles Organische, was die obersten Wasserschichten verschmutzen könnte. Dieser kleine Krebs vertilgt tote Fische, ertrunkene Insekten und sogar Landwirbeltiere.

Baikalrobbe

Besonders bekannt ist die Baikalrobbe (russisch: Nerpa), da sie die einzige Süßwasserrobbe der Erde ist. Sie hat ihr Verbreitungsschwerpunkt rund um die vielen kleinen Felsinseln in der Nähe der Halbinsel Swjatoi Nos, kommt aber auch an der Nord- und Ostküste der Insel Olchon in kleinen Gruppen vor. Nur jetzt im Winter macht sie sich rar. Sie verbringen bis zum Aufbrechen des Eises Ende April bis Anfang Mai den gesamten Winter unter dem Eis und halten lediglich ihre Atemlöcher im Eis stets offen. Im Mai bekommen die Robben dann ihre Jungen in kleinen Schneehöhlen auf dem Eis. Die Jungen sind wie bei vielen arktischen Robben am Anfang mit einem schneeweißen Fell gut getarnt. Zwar gibt es hier keine Eisbären, aber auf dem Eis suchen auch Wölfe, Füchse, Raben und Adler nach Beute. Die jungen Robben können erst in einem Alter von etwa drei Wochen schwimmen und tauchen. Bei Gefahr holt die Mutter das Junge vom Eis und hält es neben sich fest, mit der Nase stets am Atemloch verbleibend. Leider waren wir für die Saison der jungen Robben zwei Monate zur früh am Baikalsee.


Der Lebensraum der Baikalrobbe ist durch Übernutzung gefährdet.

Getrockneter Omul, schmackhaft, und daher überfischt.

Beifang wird auf dem Eis hinterlassen, die Raben freuen. sich.

Vielfalt an Fischen

Im Baikalsee lebt auch der Süsswasserfisch, der mit der tiefsten Wassertiefe zurechtkommt. Es ist der Fettfisch oder auch Ölfisch (russisch: Golomjanka). Dieser Fisch zeichnet sich dadurch aus, dass er keine Schwimmblase besitzt. Insgesamt sind bisher 128 Fischarten im Baikalsee erfasst worden, darunter zwei Fischfamilien die nur hier vorkommen, die Tiefwassergroppen (Abyssocottidae) und die Baikal-Ölfische, oder Fettfische (Comephoridae).

Bekannt ist vor allem die Fischart Omul, eine Maränenart, die sehr schmackhaft ist, und leider heutzutage auch stark überfischt ist, denn jeder Besucher am Baikalsee möchte auch gerne Omul essen... Die Fischerei im Baikalsee ist daher in den letzten Jahren stark reglementiert wurden.

Säugetiere an Land

Die Gebirge und Wälder der um den See liegenden Gebiete beherbergen fast alle Landwirbeltiere Sibiriens. So gibt es hier eine große Braunbärenpopulation, Wölfe können noch ihre Reviere abstecken und der Luchs macht Jagd auf Schneehasen, Auerhühner oder Hirsche. Besonders im Bargusin-Schutzgebiet lebt eine Unterart des Sibirischen Zobel mit schwarzem Fell. Den Sibirischen Tiger gibt es nicht mehr im Bereich des Baikalsees.

Der Baikalsee liegt im Übergangsbereich der kontinental geprägten sibirischen Nadelwaldzone, der Taiga (genauer „Dunkle Taiga“) und der zentralasiatischen Steppenregion, die von der Mongolei über das burjatische Gebiet entlang der Selenga bis weit nach Norden am Baikalsee reicht. Wie weit die waldfreien Steppengebiete auf der Insel Olchon und an der Nordwestküste allerdings in historischer Zeit noch bewaldet waren und ob der Mensch mit seinen Weidetieren und seiner Holzentnahme schon vor einigen Tausend Jahren hier begann, die Landschaft zu verändern, entzieht sich unserer Kenntnis. Anzunehmen ist es allerdings schon.

Gefährdung und Schutzmaßnahmen

Um der menschlichen Zerstörung und Übernutzung der Landschaft der Baikal-Region entgegenzuwirken, wurden einige Naturschutzgebiete und Nationalparks am See eingerichtet. Am mittleren bis nördlichen Westufer liegt sich das Lena-Naturreservat um das Quellgebiet des großen sibirischen Flusses. Am gegenüber liegenden Ostufer befindet sich das Bargusin-Schutzgebiet, das ein Federalnij Zapovednik, ein Föderales Totalreservat ist, die höchste Schutzkategorie in Russland. Dieses Reservat stammt sogar schon aus der Zaren-Zeit und ist 1916 gegründet worden. Südlich des Bargusin-Schutzgebietes liegt der Transbaikal-Nationalpark. Am Südende des Baikalsees befindet sich das Baikal-Naturreservat, ebenfalls ein Zapovednik. Von der Insel Olchon bis wenige Kilometer vor der Ortschaft Kultuk am Südende breitet sich der Pribajkalsk-Nationalpark aus. Zusätzlich ist der Baikalsee von einer Küstenschutzzone umgeben. Im Jahr 1996 wurde die riesige Baikal-Region von der UNESCO in die Liste der Weltnaturerbe aufgenommen.

"Es wird unsere letzte Nacht auf dem schönen Baikalsee. Der erste große Nachteil unserer Annäherung an die Zivilisation ist die nun schlechtere Qualität des Eises. Es ist mit einer leicht braun-grauen Rußschicht überzuckert, von den vielen Kohleöfen der Siedlungen und der Stadt Sludjanka am Südufer des Sees. Das sollen wir trinken?" Die momentanen Bedrohungen des komplexen Ökosystems des Baikalsees kommen vor allem von den Abwässern des Papier- und Zellstoffwerks in Baikalsk am Südufer, von der Kahlschlagpolitik in der russischen Forstwirtschaft in den Wäldern der umgebenden Gebirge und dem oft unkontrollierte Bau von Wochenendhäusern (Datschen) in Ufernähe durch neureichen Russen, die sich mit Hilfe ihres Geldes über Schutzbestimmungen hinweg setzen.

Der Tourismus befindet sich am Baikalsee noch in einigermaßen naturverträglichen und nachhaltigen Bahnen, und hat möglicherweise auch einen gewissen Beitrag, den Wert des intakten Ökosystems deutlich zu machen.
Die meisten Baikaltouristen machen Tagesausflüge auf oder am See. Einzig das Müllproblem besitzt ein Gefahrenpotential, da Plastik und Glas, Blech und Aluminium nicht von den unersättlichen Kleinkrebsen im Wasser gefressen werden. Aber das Müllproblem ist sowieso ein gesamtrussisches Desaster.

Auch in Russland gibt es jedoch ein wachsendes Bewusstsein für die Empfindlichkeit und Einzigartigkeit des Ökosystems im, am und um den Baikalsee. Umweltschutzverbände sind gegründet und es gibt Ansätze für eine ökologische Erziehung in Schulen und Kindergärten. Bleibt zu hoffen, dass die Bemühungen fruchten und das wunderbare Ökosystem des Baikalsees noch lange erhalten bleibt.