Auf der Teestraßen-Route nach Norden

 
Weishan  
Lijiang

Entlang des Erhai

Am nächsten Morgen sind es noch einmal 600 Höhenmeter, bevor ich nach Xiaguan, die große Stadt am Südrand des Erhai-See, abfahren kann. Eigentlich freue ich mich darauf, vom Pass aus einen Blick auf das bis zu 4122 Meter hohe Cangshan-Gebirge zu erhaschen, aber diese Freude löst sich wortwörtlich auf, denn es beginnt zu regnen. Auf über 2000 Metern ist der Regen jetzt im März auch recht kalt, so dass ich den Regenschauer erst einmal unter dem Dach einer am Straßenrand gelegenen Hütte abwarte. Nach einer halben Stunde scheint der Regen vorbei und ich setze meine Auffahrt fort. Die Straße ist natürlich jetzt nass und dreckig, und meine Beine und das Rad sind es kurz darauf dann auch… Der 4000er ist natürlich in Wolken verhüllt und auch der Blick auf den Erhai ist vom Dunst getrübt.

Xiaguan, das ist die größte Stadt auf meiner kurzen Tour. Eigentlich ist recht klar, in welche Richtung ich muss – gerade nach Norden – aber irgendwie verliere ich mich dann doch etwas zwischen den Hochhäusern. Die großen Straßen sind inzwischen meist Autobahnen und für den Radverkehr gesperrt, und die kleineren Wege aus der Stadt sind nicht unbedingt ausgeschildert. Positiv zu bemerken ist, dass auf den Straßennamensschildern auch immer die Himmelsrichtung vermerkt ist, in die die Straße jeweils führt. So kann ich, auch wenn ich nicht genau weiß, ob es die „richtige“ Straße ist, immerhin die Richtung halten und komme so recht einfach nach Norden und auch an das Ufer des Erhai. Dort finde ich nach einiger Irrfahrt in Sackgassen und Baustellen dann auch den Einstieg in die „West Erhai Ringroad“, die verkehrsarme Straße über die Dörfer direkt am Westrand des Sees.


Dali Altstadt

Nach etwa 10 Kilometern entspannter Fahrt am See entlang verlasse ich den Erhai in Richtung Dali Altstadt. Wie erwartet, beginnt die „Shoppingmeile“ in den historischen Häusern direkt hinter dem restaurierten Stadttor.
Unter anderem gibt es hier nun auch den Tee zu kaufen, der in der Region Pu'er angebaut wurde. Also dort, wo ich vor ein paar Tagen noch geradelt bin. Es gibt viele verschiedene Teesorten, die sich im Herstellungsprozess, der Reifungsdauer, im Alter der Teeblätter, oder hinsichtlich des Herstellungsortes unterscheiden. Natürlich schlagen sich diese Unterschiede und Feinheiten dann auch in unterschiedlichen Preisen nieder.

Die Altstadt von Dali ist aber trotz Shopping-Overkill recht hübsch, jetzt wo die Kirschbäume blühen und die alten Häuser in kitschig rosa einrahmen. Ich falle auf zwischen den zahlreichen, ausschließlich chinesischen Touristen. „Guck mal, ein Ausländer...“, „… mit dem Fahrrad“, solche Kommentare höre ich überall. Man schwankt zwischen Verständnislosigkeit (dass man so reisen kann) und Bewunderung (dass man es trotzdem tut).

Nach kurzer Zeit passiert, worauf ich gehofft hatte: Ein Bai spricht mich an, ob ich ein Zimmer brauche. Wieviel kostet es? 80 RMB. Das ist ok. Nur zwei Minuten entfernt. Das Fahrrad? Kein Problem.
In der Tat stellt sich die Familienpension als sehr nett heraus, und von selber hätte ich das entsprechende Schild nie erkannt. Ich habe ein großes Zimmer mit eigenen Bad/Dusche und das Fahrrad parkt im Innenhof direkt vor meinem Zimmer. Ich bekomme sogar sofort Waschpulver und warmes Wasser, um auch das Rad und die Packtaschen vom Dreck zu befreien. Für die nächsten zwei Tage wird dies meine Basis sein.

Nachdem ich nun eine Unterkunft gefunden habe, erkunde ich die Altstadt nach Essbarem. Und da gibt es eine große Auswahl: Früchte aller Art, Kekse mit Blüten als Zutaten, Restaurants und Imbisstände mit Speisen der unterschidlichen in Yunnan lebenden Volksgruppen. Da habe ich in den nächsten zwei Tagen genug Möglichkeiten, zum ausprobieren.


Die drei Pagoden des Chongsheng-Tempels

Ich möchte unbedingt die berühmten Pagoden ansehen, deswegen ich ja auch nach Dali geradelt bin. Leider kann ich nicht mit dem Rad direkt hinfahren, da der entsprechende Park drumherum wie üblich nur für Fußgänger zugänglich ist. So nehme ich eben den Bus.
Die Pagoden sind sehr eindrucksvoll. Die größte Mittelpagode (Qianxun-Pagode) wurde zwischen den Jahren 823 und 859 erbaut, während der Regentschaft des Königs Quan Fengyou des damals existierenden lokalen Königreiches Nanzhao. Sie ist 69.13 m hoch und hat 16 Stockwerke. Die beiden kleineren, später erbauten Pagoden im Norden und Süden sind jeweils 42.19 m hoch und haben 10 Stockwerke. Es gibt einige kleine Seen in dem Park, in denen sich die Pagoden bei gutem Licht eindrucksvoll spiegeln. Die Pagoden sind vom Baustil her ursprünglich alte, buddhistische Pagoden, die aus religösen, abergläubischen Gründen gebaut wurden. Gemäss einer Legende war die Gegend um Dali, bevor sie von den Menschen besiedelt wurde, von brütenden Drachen bewohnt. Die Drachen führten immer wieder Naturkatastrophen herbei, um die Menschen von der Besiedlung der Region abzuhalten. Die Pagoden wurden gebaut, um die Drachen zu bändigen.

In Dali endet dann auch meine kurze Radreise. Tempel und Drachenmotive habe ich nun erstmal genug gesehen, aber Nudelsuppe, die geht immer :-)

Weishan  
Lijiang