Island im Winter

 
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Wetterumschwung und White-Out

Als ich aufwache, hat sich der Sturm gelegt. Ein Blick vor die Tür verheißt aber nichts Gutes: Konturlose, geschlossene Wolkendecke. Zudem ist es deutlich wärmer geworden, der Schnee ist jetzt pappig und schwer. Ich packe zusammen und bin trotz allem neugierig, wie es aussieht, dort wo die Spuren der Superjeeps zum Gletscher abbiegen und ich unsicher bin, ob es auf „meiner“ Piste weitere Spuren geben wird. Nach zwei mühsamen Stunden im Gegenwind erreiche ich die Stelle: Ungespurte Piste, schneebedeckt. Ich bin sehr optimistisch, dass ich da trotzdem mit dem Fatbike fahren kann.

Die ersten Meter sind zunächst ok, das Fatbike walzt sich eine Spur durch den Schnee. Aber es ist verdammt anstrengend, nach 500 Metern brauche ich eine Verschnaufspause. Der Schnee ist schlecht, zu feucht, zu schwer, zu rutschig. In den nächsten Stunden experimentiere ich mit weniger Luftdruck in den Reifen, um eine breitere Auflage zu haben, aber es hilft alles nichts. Ich kann zwar prinzipiell fahren, aber die Anstrengung dabei steht in keinem Verhältnis zu der resultierenden Geschwindigkeit von 3 km/h. Als ich dann irgendwann in der weißen, konturlosen Landschaft vor der grauen, konturlosen Bewölkung den Pistenverlauf nicht mehr sehe und dann in ein tief schneeverwehtes Gebiet gerate, beschließe ich umzukehren. Die Bedingungen sind nicht günstig, zu schwerer Schnee, zu langsames Fahren. 80 Kilometer quer durch's Hochland unter diesen Bedingungen möchte ich alleine dann doch nicht bewältigen.

Etwas enttäuscht kehre ich zu der Wellblechhütte zurück. Nachts regnet es wie aus Kübeln.

Ausflug auf die F-Straße

Ich hatte ja in der Hütte genug Zeit, in trockener, windstiller Umgebung die Landkarte zu studieren und mir eine alternative Route auszusuchen. Ich entdecke eine Möglichkeit für ca. 30 Kilometer auf F-(Fatbike!)-Straßen, die ich am nächsten Tag ausprobieren möcht.

Wie so oft hört der Regen und Sturm pünktlich zum Sonnenaufgang auf und es gibt sogar einzelne Sonnenstrahlen, die es durch die lockeren Wolken schaffen. Der Schnee ist im nächtlichen Regen teilweise geschmolzen, die schneefreien, braunen Flecken in der Landschaft sind größer geworden, auch gibt es jetzt größere Bereiche mit gelbem Gras.

Kurze Zeit später biege ich auf die F-Straße ab. Eine Superjeep-Spur deutet an, dass man hier wohl fahren kann. Allerdings ist der nasse Schnee sehr schwer zu fahren. Immer wieder rutscht die obere Schneeschicht bei Belastung einfach weg, da hilft es auch nicht den Luftdruck zu verändern. Zum Ausgleich habe ich dann aber auch einige größere schneefreie Bereiche, die dann sehr schön zu fahren sind.

Dann kommen zwei Furten. Die Flüsse sind in Island im Winter meist nicht zugefroren, was ich immer als sehr angenehm empfunden hatte, denn dann kann man sich zum Kochen das lästige Schneeschmelzen sparen. Ich teste die Überquerung zunächst ohne Gepäck und das Wasser ist nicht besonders tief. Als problematisch stellen sich aber die Ufer heraus. Glatte Eisplatten ragen bis unter die Wasseroberfläche. In den Fluss hinein kann ich mitsamt dem Fahrrad schön reinrutschen, aber das Herauskommen ist weitaus schwieriger. Immer wieder rutscht das Fahrrad auf den Eisplatten weg und meine Schuhe gegen auch wenig Halt. Schließlich finde ich eine Stelle mit einigen größeren Steinen, die ich dann als feste Tritte im Uferbereich nutzen kann und so das Fahrrad sicher wieder auf den Schnee zerren kann.

Weiter geht es auf welliger Piste mit Scheeflecken und schneefreien Stellen. Ich bin fasziniert, wie das Sonnenlicht durch die flauschigen Regenwolken scheint, und bin vor allem froh, dass ich den Regen bislang nicht abbekomme.

Dies ändert sich jedoch auf den letzten Kilometern meiner F-Straßenrunde: Der Regen peitscht mir plötzlich frontal ins Gesicht, der oben angetaute, nasse Schnee trägt nicht, ich komme gar nicht wirklich voran.

Zu allem Überfluss ist meine Regenhose undicht und irgendwann läuft mir das Wasser entlang der Beine in die Stiefel. Müde, dreckig und nass komme ich dann bei Geysir an. Ich brauche für heute Nacht ein warmes Zimmer, um die Stiefel und meine Kleidung zu trocknen. Nur drei Kilometer von Geysir entfernt finde ich ein Hostel und habe sogar ein 4er-Zimmer ganz für mich alleine. Das Zimmer verwandelt sich in kurzer Zeit in einen Trockenraum, überall hängen meine nassen Klamotten und die Stiefel stehen direkt an der Heizung. Ich gönne mir in der Kneipe nebenan eine Pizza. Sehr teuer, aber auch sehr gut, zumindest für nasse, müde Radfahrer.

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