Island im Sommer
Herdubreid und Askja | Sprengisandur |
F910 |
Sand. Schwarzer Sand soweit das Auge reicht. Ich befinde mich in einer ziemlich unwirtlichen Gegend im Hochland von Island. Die nächste Wasserstelle ist 60 Kilometer entfernt, dazwischen Lavafelder und eben schwarzer Sand. Das Fatbike schwebt über die 10 Kilometer lange Sandpassage, auch an den steilen Anstiegen. Ich kann mich voll und ganz an den bizarren Lavaskulpturen erfreuen. Die Farben wechseln: Es gibt dunkel schwarze Lava, grauen Tuff und rötliches Gestein. Ich bin begeistert und völlig allein in dieser unendlichen Lavalandschaft. Trotz des starken Windes erreiche ich die Wasserstelle bereits am frühen Nachmittag. Freundlich leuchtet das grüne Moos am Rad des Baches, die rosa blühenden Weidenröschen bieten einen hübschen Kontrast zu dem schwarze-grauen Boden. Das Wasser entspringt hier aus einer Quelle und ich genieße den restlichen Nachmittag in der Sonne.
Am nächsten Morgen liegt dichter Nebel über der Landschaft. Die Markierung
der Fahrspur ist trotzdem gut zu sehen. Ich breche also auf, und im Laufe
des Tages lichtet sich der Nebel dann auch. 35 Kilometer hügeliges Gelände
liegen vor mir. Steil, fast unfahrbar führt die Fahrspur bergauf, dann ein
Wenig auf dem Höhenrücken entlang, ebenso steil wieder bergab. So geht es
bis Mittag. Dann geht es am Rande eines Gletschers entlang, 10 Wasserdurchquerungen
innerhalb von 30 Kilometern inklusive. Die ersten drei Bäche sind eher flach
und ohne weiteres fahrbar, dann kommt ein über knietiefer, reißender Gletscherfluss.
Und ich mache alles falsch, was man so falsch machen kann. Die Furt, die
ich wähle, verläuft leicht entgegen der Strömung, was dazu führt dass es
mir an der tiefsten Stelle fast das bepackte Fahrrad wegzieht. Das Fatbike
schwimmt auf, die linke Gravel-Pack wird von der reißenden Strömung unter
Wasser gedrückt, ebenso wie der Lenker mit dem Handelbar-Pack. Schnell zerre
ich alles wieder hoch, kämpfe mit der Strömung, verliere bald den Halt.
Mit letzter Kraft erreiche ich eine Kiesbank, das Knie ist blutig aufgeschlagen.
Das war knapp. Ein paar Minuten muss ich erst einmal durchatmen, bevor ich
weiterfahre. Hügel, Fluss, Hügel, Fluss, und so weiter. Inzwischen habe
ich es raus. Ich weiß jetzt, dass die fetten Reifen in tieferen Flüssen
dem Rad starken Auftrieb geben und nutze das dann, um Rad mit Gepäck souverän
ans andere Ufer zu dirigieren. Am Abend kommt Regen auf, nun bin ich auch
nass von oben. Nach dem vorerst letzten Fluss baue ich auf einer grünen
Wiese das Zelt auf. Es reicht dann auch: 800 Höhenmeter, 65 Kilometer, 10
Flüsse, 11 Stunden unterwegs.
Erst jetzt komme ich dazu, einmal zu sehen, ob die Taschen dich gehalten
haben. Am Gravel-Pack hat sich Feuchtigkeit und kleine Steinchen in den
Rollfalten angesammelt, aber zum Glück ist kein Wasser in die Tasche eingedrungen,
wo sich ein Teil meines Essens und die Elektronik befinden. Der Handlebar-Pack
mit dem Schlafsack hat auch dicht gehalten, nur in den von mir schlampig
geschlossenen Accessory-Bag ist etwas Feuchtigkeit eingedrungen, aber nicht
der Rede wert. Was bin ich froh, dass ich wasserdichte Ausrüstung habe.
Schnell ist das Zelt eingerichtet, ich ziehe mir trockene Kleidung an und
kuschle mich in den trockenen, warmen Schlafsack. Was für ein Höllenritt!
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